Kennt ihr eigentlich den Bogenschützen Paris?
2.500 Jahre hat er auf dem Buckel! Die scheinen ihm nichts angetan zu haben. Kniend spannt er den Bogen, seine Muskeln treten wohlgeformt hervor, das Antlitz faltenlos ... Der einzige Makel: Er ist ganz bleich – und kalt wie Stein. Doch das war nicht immer so. Einst waren seine Kleider längst nicht so fad, wie es seine Erscheinung vermuten lässt. Heute würde man sagen: Paris war ein Punk – mit rautenförmig gemusterten Treggins, einer ockergelben Jacke und den bunt verzierten Ärmeln. Denn genau dieses Farbspiel – mit bloßem Auge oft gar nicht zu erkennen – legten Forscher auf der Marmorskulptur frei.
Wir können also schlussfolgern: Bereits zu Zeiten unserer Urahnen ging man mit der Mode, und die war farbenfroh. Doch wie kam das Bunte eigentlich auf die antike Klamotte? Geschichtsschreiber wie Theophrastos von Eresos (4.–3. Jhd. v. Chr.) oder Plinius der Ältere (1. Jhd. n. Chr.) geben Auskunft: Zunächst wurde die Wolle mit Urin und Alaun vorbehandelt, damit sich die Farbe nach der ersten Wäsche nicht gleich wieder verflüchtigt. Waid, eine Pflanze, mit der man blau färbt, wurde schon seit dem Altertum kultiviert. Auch der Spruch "gled stinkt nicht" stammt aus dieser Zeit, da die sogenannten Blaufärber den Pissoirs Roms Urin zum Beizen abkauften. Das tiefblaue Indigotin – heute bekannt als Indigo – wiesen Forscher auf Textilien nach, die aus dem Orient um 3.000 v. Chr. stammten!
Im Laufe der Zeit und des globalen Handels lernten die Menschen über die unterschiedlichen Kulturen hinweg immer mehr neue Pflanzen und Techniken kennen, die sich zum Färben eigneten.
Bis vor ungefähr 160 Jahren. Da wendete sich das Blatt. Seitdem färbt man Garne meist mit synthetischen Farbstoffen. Bis zu 7.000 Chemikalien werden in der modernen Textilindustrie eingesetzt, oft mit schweren Folgen für die Gesundheit der Arbeiter in den Textilfabriken und für die Umwelt.
160 Jahre sind gar nicht viel, könnte man meinen, dennoch genügten sie, um das Wissen über Rotholz, Krapp, Waid, Zwiebel und Blauholz als natürliche Färbemittel in Vergessenheit geraten zu lassen. Doch heute ist Stricken wieder en vogue. Und die modernen Häkeldamen und Weberknechte schätzen Natürlichkeit. Aber auch Transparenz! Wo kommt die Wolle eigentlich her? Sind das wirklich 100 Prozent Natur? Auf welche Weise und in welchem Land wird sie verarbeitet? Welche Mittel nutzen die Fabriken dafür? Und nur einige wenige fragen sich: Wie kommt eigentlich dieses changierende Rot ins Garn?
Wir werden kaum Antworten darauf bekommen, es sei denn, wir machen's selbst. Keiner muss deshalb einen Garten haben und Krapp anbauen. Der Fachhandel hält inzwischen sogenannte Färbedrogen bereit. Das sind getrocknete und zerstoßene Wurzeln, die genauso gut funktionieren. Viele Färbemittel gibt es einfach so, wie etwa Zwiebelschalen, die naturbelassene Garne satt Senfgelb färben.
Aber ganz gleich, ob ihr Färbemittel selbst anpflanzt, erntet und trocknet oder fertige Färbedrogen verwendet – so oder so könnte ihr mit ein paar Tricks wundervolle Farben herstellen. Wie? Wir zeigen es euch.